II. Was heißt »bedarfsorientiertes Wirtschaften«?
Vier Thesen
1. Die Menschheit ist durch die Entwicklung der Wissenschaft im Verlauf der letzten zweihundert Jahre umfassend in die Epoche ihrer Globalisierung [Weltwirtschaft] eingetreten. Sie hat sich dadurch im Einsatz der menschlichen Fähigkeiten in der Arbeit, der Arbeitsteilung an den Arbeitsstätten, zu einem gleichsam organischen [integral-vernetzten] System entwickelt, in welchem die Menschen ihren Bedarf systemkonform nicht mehr auf dem Weg der Selbstversorgung, sondern auf dem der Fremdversorgung decken – jedenfalls sind diese beiden Gegebenheiten die typischen Merkmale des Wirtschaftslebens in dieser Epoche: Jeder Arbeitsplatz ist ein integrales Element des vernetzten Ganzen und jeder Verbraucher erwirbt am Markt die zur Deckung seines Bedarfs erforderlichen Wirtschaftswerte. Das ist Sinn und Ziel des Wirtschaftens in unser Zeit [Bedarfsdeckungsaxiom].
2. In dieses faktische, in den Einzelheiten des Ganzen unübersehbare globale Geschehen »Wirtschaft« sind auch alle Stoffe und Kräfte des Planeten Erde einbezogen. Und weil diese endlich sind, ist es zur Pflicht der Menschen geworden, damit nachhaltig verantwortungsbewusst zu haushalten [Ökologie-Axiom]. Außerdem ist es unter diesen Bedingungen erforderlich geworden, dass alle Menschen, die den Planeten bewohnen, im Sinn der gleichen Würde aller am Gesamtprodukt der Weltwirtschaft Anteil haben können [Sozialaxiom]. Wie zur Erfüllung dieses Axioms der Interessenausgleich zwischen den Staaten und den ihnen Zugehörigen zu gestalten ist, sollte eine der wichtigsten Aufgaben des demokratischen Vereinbarens sein [››› Was heißt »mehr Demokratie in der Bürgergesellschaft«?]
3. Auch ist es eine historische Forderung der Gegenwart, dass jeder im Wirtschaftsleben tätige Mensch seine Fähigkeiten an der Arbeitsstätte selbstbestimmt soll einsetzen können, um so nach seinem besten Vermögen seinen Beitrag zu leisten zur Erfüllung der Ziele des jeweiligen Unternehmens im Rahmen des Gemeinwohls der bedarfsorientierten Wirtschaft [Selbstbestimmungsaxiom]. Ob das ihm zustehende Einkommen daran funktional gebunden oder unabhängig davon bereitgestellt werden soll ist Ergebnis demokratischen Vereinbarens [s. I.3. und I.4.]
4. Der Geldkreislauf steht mit den beiden Sphären des Wirtschaftslebens, dem Produktionsbereich und dem Konsumtionsbereich, rechtlich-funktional in unterschiedlicher Beziehung: Als Einkommen [Konsumkapital] ist es bezogen auf die zum Kauf nachgefragten bzw. angebotenen Konsumwerte; diese werden mit dem Erwerben Eigentum der Käufer. Im Produktionsbereich ist das Geld in der Hand der Unternehmen als Kredit bezogen auf den Einsatz der Fähigkeiten in der Arbeit [Produktionskapital]. Es wird gebildet zur Finanzierung der den Arbeitsstätten vorliegenden Aufträge. Sein Einsatz kann nicht zu persönlichem Eigentum führen.
Aus diesem doppelt gewandelten Verhältnis zwischen Geldwesen und Wirtschaftsleben ergeben sich tiefgreifende Folgen für die neue soziale Architektur im Blick auf die Aufgaben des monetären Systems und seiner Organe, der Banken: sie werden an der Wurzel entmachtet! Dies beschreiben die folgenden Thesen.
ARBEITSGEMEINSCHAFT NEUE SOZIALE ARCHITEKTUR
im Staat, in der Wirtschaft, im Finanzwesen und in den Lebensformen der Kultur
Der Text als ››› pdf